Autor Thema: Neulich unter Poeten: Wie grau der Himmel  (Gelesen 7429 mal)

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Offline Markus

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Neulich unter Poeten: Wie grau der Himmel
« am: 04. November 2010, 17:09:00 »
Junge Leute fragen sich: Was soll ich werden? Und Erwachsene sinnieren: ­Soll ich mich beruflich verändern und eine Zweit­ausbildung machen? Ihnen allen habe ich einen Tipp: Werdet Dichter! Schreibt Literatur! Macht Poesie!

Wie einfach das ist, zeigt ein Gedicht der Ly­rikerin Ilma Rakusa, das kürzlich in der «NZZ» abgedruckt war. Es lautete:

Wie grau der Himmel
schon Schneegeruch ­in der Luft
ein früher­ Spätherbst


Simpel, nicht? Das kön­nen Sie auch! Sie müssen sich nur im Alltag umschauen – und schon sprudelt Ihre Poesie. Ich gebe Ihnen Beispiele:

Wie hoch die Prämien
schon Kündigungslust im Anmarsch
ein rechtzeitiger Wechsel


Wichtig ist, dass Sie wie im Vorbild keine Kommas und am Ende keinen Punkt setzen. Das würde den ­ly­rischen Fluss zerstören.

Wie öd das TV-Programm
Bücherlust in der Luft?
Nein früh ins Bett


Oder:

Wie voll der Zug
schon Adrenalin im Blut
welch lausige SBB


Natürlich ist es unerlässlich, dass Sie die Worte mit ­Bedacht wählen. Ein früher Spätherbst zum Beispiel ist nicht das Gleiche wie ein später Frühherbst!

Wie günstig die Ferien
schon Koffer gepackt
ein tolles Schnäppchen


Ich warte gespannt auf Ihre Dreizeiler.

Wie genial diese Kolumne
schon Nobelpreis in Sicht
eine späte Anerkennung


Quelle: Nr. 18 | 03. November 2010 | Ernst Meierhofer, Redaktion K-Tipp
« Letzte Änderung: 04. November 2010, 17:16:45 von Markus »
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