Ab 2013 tritt im EU-Raum eine neue Führerscheinregelung in Kraft. Als Folge werden viele Modellneuheiten nicht mehr in gedrosselter Form auf dem Schweizer Markt erscheinen.
Gerne erinnern wir uns an das Jahr 2003 zurück, als in der Schweiz die neue Führerscheinregelung eingeführt wurde. Neu war unter anderem, dass man sich ab 18 Jahren mit einer auf 25 Kilowatt (34 PS) gedrosselten Grossen ins Motorradfahrerleben stürzen konnte (Kategorie A beschränkt). Das neue Gesetz schlug ein wie eine Bombe und liess die Anzahl abgelegter Führerprüfungen in der Ausweiskategorie A im Jahr 2003 gegenüber 2002 hochgerechnet um unglaubliche 55,6 Prozent ansteigen (Quelle: SFZ).
Es liegt auf der Hand, dass sich die Motorradhersteller im Zuge dieser Entwicklung ab 2003 über ein sattes Plus bei den Verkaufszahlen freuen durften. So nahm der Gesamtbestand von in der Schweiz immatrikulierten Motorrädern auf einen Schlag deutlich zu. Ein Beispiel: Allein bei Kawasaki liegt der kumulierte Anteil verkaufter 25-kW-Bikes seit 2006 bei rund 22 Prozent des Gesamtabsatzes. Der positive Trend hält also bis heute an. Allerdings brauen sich am Horizont dunkle Wolken zusammen, die ab dem nächsten Jahr auch über die Schweiz ziehen werden und der erfreulichen Entwicklung der letzten Jahre ein jähes Ende bereiten könnten. Denn im EU-Raum wird 2013 eine neue Führerscheinregelung eingeführt, die vorsieht, dass 18-Jährige neu mit auf 35 kW (47,5 PS) gedrosselten Töff einsteigen dürfen. Die Schweiz wird diese Regelung wohl Anfang 2015 übernehmen.
Klingt toll, doch die Sache hat aus Schweizer Sicht gleich zwei Haken. Erstens: Die Industrie wird gemäss der neuen Regelung im grossen Stil gedrosselte Fahrzeuge herstellen und in den EU-Märkten vertreiben. Die kleine Schweiz, die vorerst am 25-kW-Kurs festhält, wird dabei leer ausgehen, sprich: Kein Hersteller wird nur für den Schweizer Markt weiter 25-kW-Bikes produzieren. Somit bleiben den Importeuren hierzulande nur zwei Möglichkeiten: Sie nehmen bei entsprechendem Risiko ausreichend 25-kW-Töff an Lager, oder sie drosseln die Modellneuheiten ab 2013 auf eigene Faust, was teuer ist und viel Zeit in Anspruch nimmt.
Zweitens sieht das EU-Gesetz vor, dass ein Neufahrzeug nur dann für die neue Führerscheinkategorie gedrosselt werden darf, wenn es ungedrosselt (also offen) 70 kW oder weniger leistet. Dies ist insofern problematisch, als zum Beispiel eine Kawasaki ZX-6R (94,1 kW) oder Z750 (77,5 kW) - beides klassische und bis dato ausgesprochen erfolgreiche «A beschränkt»-Bikes - generell nicht mehr gedrosselt werden dürfen und damit als Option für Einsteiger wegfallen.
Viele Hersteller haben Motorräder dieser Leistungsklasse in ihrem Sortiment - es ist also nicht nur Kawasaki betroffen. Hier einige beliebte Einsteiger-Bikes, die es bei Übernahme der EU-Regelung in der Schweiz gedrosselt nicht mehr geben würde: Ducati Streetfighter 848 und Monster 1100 Evo, Honda Hornet 600, CBR 600F und CBR 600 RR, Husq-varna Nuda 900, MV Agusta Brutale 675 und F3, Suzuki GSX-R 600 und GSR 750, Triumph Street Triple und Daytona 675, Yamaha FZ8 und YZF R6. Und just bei diesen Bikes bekommen 18-Jährige glänzende Augen …
Roland Müntener, Präsident der Importeursvereinigung Motosuisse, war von Anfang an bei den Gesprächen mit den zuständigen Schweizer Expertengruppen und Behörden dabei. Müntener: «Egal, ob und wann die neue Führerscheinregelung bei uns eingeführt wird - sie bereitet uns Probleme. Dahinter steckt klar der Wunsch seitens Brüssel, jungen Töfffahrern den Zugang zu Supersportlern zu verwehren, was die bfu natürlich freut. Die setzt sich sogar dafür ein, dass der Direkteinstieg ab 25 Jahren auch gleich abgeschafft wird. Wir wären damit europaweit das einzige Land ohne Direkteinstieg. Da halten wir von Motosuisse natürlich dagegen.»